Importierte Waren und Fernabsatz: Die Auswirkungen des neuen EU-Rechtsrahmens auf italienische Marktteilnehmer

Summary
This article discusses the new EU VAT framework introduced by Directive (EU) 2025/1539 and its impact on Italian operators, focusing on distance sales of imported goods. The Directive strengthens VAT collection by making suppliers responsible for import VAT, promotes the use of the Import One-Stop Shop (IOSS), and introduces key compliance obligations for foreign sellers and digital platforms.
Key Findings:
The IOSS simplifies VAT collection, allowing VAT to be paid at the point of sale.
Foreign sellers must register with IOSS or appoint a tax representative for sales to Italian consumers.
The EUR 150 threshold for IOSS eligibility remains, and penalties are enforced for non-compliance.
🎧 Lieber zuhören?
Holen Sie sich die Audioversion dieses Artikels und bleiben Sie auf dem Laufenden, ohne lesen zu müssen - perfekt für Multitasking oder Lernen unterwegs.
Am 25. Juli 2025 wurde die Richtlinie (EU) 2025/1539 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (im Folgenden "die Richtlinie"). Mit dieser Richtlinie wird die Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Mehrwertsteuervorschriften für Steuerpflichtige, die Erleichterung des Fernabsatzes von eingeführten Gegenständen und die Anwendung der Sonderregelung für den Fernabsatz von aus Drittländern eingeführten Gegenständen geändert. Außerdem werden Sonderregelungen für die Anmeldung und Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer eingeführt.
Die Richtlinie stärkt die Erhebung der Mehrwertsteuer auf eingeführte Gegenstände, indem sie die Lieferanten für die Mehrwertsteuer auf Einfuhren verantwortlich macht und so die Nutzung der einzigen Anlaufstelle für Einfuhren (Import One-Stop Shop - IOSS) fördert. Ausländische Händler oder Plattformen sind nun für die Einfuhrmehrwertsteuer und die Mehrwertsteuer auf Fernverkäufe von importierten Waren im Mitgliedstaat der Lieferung verantwortlich. Diese Struktur fördert das IOSS, da sich Nichtnutzer sonst in jedem Bestimmungsland registrieren lassen müssten.
Das IOSS vereinfacht die Mehrwertsteuererklärung und -zahlung, indem es die Registrierung in einem einzigen EU-Mitgliedstaat für Verkäufe in der gesamten EU ermöglicht. Die Mehrwertsteuer kann an der Verkaufsstelle und nicht an der Grenze entrichtet werden, was die Einhaltung der Vorschriften verbessert und die Steuereinnahmen sichert. Außerdem wird die Last der Mehrwertsteuererhebung von den Verbrauchern auf die Plattformen verlagert - ein Ansatz, den der ECOFIN-Rat im Rahmen der Reform des Zollkodex der Union auch auf die Zölle ausdehnen will.
Diese Richtlinie basiert auf dem von der Europäischen Kommission am 17. Mai 2023 veröffentlichten Vorschlag zur Reform des Zollkodex der Union (UCC). Dieser Vorschlag zielt darauf ab, den UCC mit dem Mehrwertsteuerpaket für den elektronischen Handel in Einklang zu bringen. Zu diesem Zweck befasst sich der Vorschlag mit der Einfuhr von Waren und führt erhebliche Änderungen der Zollvorschriften ein, einschließlich der MwSt-Vorschriften für Fernverkäufe. Während der ursprüngliche Plan die Abschaffung der Zollbefreiung von 150 EUR vorsah, verschob der ECOFIN-Rat diese Frage und konzentrierte sich stattdessen auf die Förderung der Nutzung des IOSS im Rahmen der aktuellen Richtlinie.
Aus verfahrenstechnischer Sicht folgte die Richtlinie dem besonderen Gesetzgebungsverfahren, das für Änderungen die einstimmige Zustimmung der Mitgliedstaaten erfordert. Am 13. Mai 2025 erzielte der Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) eine Einigung über den Text nach der allgemeinen Ausrichtung". Am 8. Juli 2025 billigte das Europäische Parlament den vereinbarten Text und gab eine befürwortende Stellungnahme ab. Der Rat der Europäischen Union nahm die Richtlinie am 18. Juli 2025 förmlich an, und sie wurde am 25. Juli 2025 im Amtsblatt veröffentlicht.
Der Vorschlag zur Reform des Zollwesens: Die wichtigsten Punkte
Am 17. Mai 2023 veröffentlichte die Europäische Kommission das "Zollpaket", das mehrere Instrumente zur Reform des EU-Zollrahmens enthält.
Das Hauptziel des Pakets ist die Förderung einer effizienten Zollunion mit vereinfachten und modernisierten Verfahren. Um dies zu erreichen, sieht es drei Stufen der Vereinfachung vor: (i) eine allgemeine Verringerung der Formalitäten für alle Händler; (ii) eine gezielte Vereinfachung für eine ausgewählte Gruppe von "Trust and Check"-Händlern und (iii) eine maßgeschneiderte Zollregelung für den elektronischen Handel, die die Befolgungskosten in diesem Sektor senken soll.
Die dritte Stufe ist in diesem Zusammenhang am wichtigsten. Die maßgeschneiderte Regelung für den elektronischen Handel baut auf der Modernisierung der Mehrwertsteuer auf und gleicht die Zollvorschriften mit den Mehrwertsteuerregeln für Online-Verkäufe ab. Diese Angleichung senkt die Befolgungskosten für die Akteure des elektronischen Handels.
Gleichzeitig hat die Europäische Kommission mehrere Änderungen des UCC vorgeschlagen, um die Zollvorschriften an den reformierten Mehrwertsteuerrahmen anzupassen. In der Praxis bedeuten die neuen Vorschriften einen radikalen Wandel bei der Erhebung der Mehrwertsteuer. Bislang wurde die Mehrwertsteuer in erster Linie bei der Zollabfertigung erhoben, wobei sie häufig vom Endverbraucher oder von Kurierdiensten und Postunternehmen getragen wurde. Mit der Reform wird dieser Mechanismus umgestoßen, indem die Verantwortung für die Mehrwertsteuer den Verkäufern außerhalb der EU oder den elektronischen Plattformen zugewiesen wird, die Fernverkäufe an EU-Verbraucher erleichtern.
Der Vorschlag umfasste drei wichtige Säulen in Bezug auf den Fernabsatz von Importwaren:
a) Abschaffung des Schwellenwerts von 150 EUR für IOSS (Import One-Stop-Shop)
Nach den derzeitigen Vorschriften (aus dem Mehrwertsteuerpaket für den elektronischen Handel von 2021) ist IOSS nur für Fernverkäufe von importierten Waren mit einem inneren Wert von höchstens 150 EUR möglich. Darüber hinaus gelten die normalen Einfuhrumsatzsteuervorschriften. Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, diese Grenze vollständig zu streichen.
b) Ausdehnung der "deemed supplier"-Regelung auf alle Fernverkäufe von Importwaren, unabhängig vom Wert. Damit würden Marktplätze oder andere Plattformen, die B2C-Verkäufe erleichtern, gegebenenfalls auch für Sendungen von höherem Wert mehrwertsteuerpflichtig werden.
c) Ausweitung der "Sonderregelungen" für die Einfuhrumsatzsteuer (d.h. Regelungen, die es ermöglichen, die Einfuhrumsatzsteuer auf unterschiedliche Weise zu erheben, z.B. durch den Spediteur oder den Postdienstleister usw.) über die derzeitigen Grenzen hinaus.
Der vereinbarte endgültige Text: Die wichtigsten Änderungsanträge
Im Laufe der Verhandlungen (insbesondere während der ECOFIN-Sitzungen) wurden mehrere der oben genannten Vorschläge reduziert, verschoben oder gestrichen. Der angenommene endgültige Text weist die folgenden wesentlichen Unterschiede auf:
a) Der Schwellenwert von 150 EUR wurde nicht gestrichen
Entgegen dem Vorschlag der Europäischen Kommission bleibt der Schwellenwert für IOSS bestehen: Fernverkäufe von Importgütern mit einem inneren Wert von über 150 EUR sind nach der verabschiedeten Richtlinie generell nicht für IOSS förderfähig.
b) "Sonderregelungen" werden gestrichen
Die "Sonderregelungen", die es Spediteuren oder Postunternehmen (oder Zwischenhändlern) erlauben, die Einfuhrumsatzsteuer bei der Einfuhr (oder ähnlichem) zu erheben, wenn die IOSS nicht genutzt wird, wurden aus dem endgültigen Text gestrichen. Die Begründung war, dass sie dem Ziel zuwiderlaufen, die Mehrwertsteuerschuld (bei B2C-Ferneinfuhren) von den Verbrauchern oder Zwischenhändlern auf den Lieferanten oder den Marktplatz zu verlagern.
c) Obligatorisches Erfordernis eines Steuervertreters für Nicht-IOSS-Nutzer
Für diejenigen, die das IOSS nicht nutzen (insbesondere Nicht-EU-Verkäufer, die nicht im Rahmen des IOSS registriert sind), schreibt die Richtlinie die Benennung eines Steuervertreters vor, der die Mehrwertsteuerpflichten für förderfähige Sendungen übernimmt. Es gibt einige Ausnahmen (z. B. wenn der Verkäufer in einem Staat ansässig ist, mit dem die EU Amtshilfeabkommen geschlossen hat).
d) Die "deemed supplier"-Regelung wird für bestimmte Verkäufe beibehalten
Die Regelung, wonach Online-Marktplätze/Plattformen, die Fernverkäufe erleichtern, in bestimmten Fällen als Lieferanten gelten, bleibt bestehen, aber ihr erweiterter Anwendungsbereich (auf alle Werte), wie ursprünglich vorgeschlagen, wurde durch die Beibehaltung des Schwellenwerts eingeschränkt.
e) Umsetzungsdatum/Übergang
Die angenommenen Regeln werden ab dem 1. Juli 2028 gelten.
Praktische Aspekte und Auswirkungen für Betreiber in Italien
1. Registrierungs- und Vertretungspflichten
In Italien müssen sich Nicht-EU-Verkäufer, die Fernverkäufe an italienische Verbraucher tätigen, beim IOSS-Portal registrieren oder einen italienischen Steuervertreter benennen. Besteht zwischen Italien und dem Herkunftsland des Verkäufers kein Amtshilfeabkommen, ist die Benennung eines Steuervertreters obligatorisch.
Ab dem 13. Juni 2025 können Unternehmen, die bereits im Rahmen der IOSS-Regelung registriert sind, auf Verlangen der italienischen Steuerbehörde verpflichtet werden, Garantien (Bürgschaften) zu stellen.
2. Steuerprüfungen
Mit dem neuen Rahmen verfügt die Steuerbehörde über wirksamere Instrumente zur Überwachung des Fernabsatzes, insbesondere:
Gegenkontrollen zwischen IOSS-Erklärungen, Zolldaten und Kurierinformationen.
Strengere Prüfungen von elektronischen Plattformen (Marktplätze, Portale, Apps), die für Mehrwertsteuerzwecke als Lieferanten gelten.
Nicht geleistete Zahlungen oder unregelmäßige Erklärungen führen zu Verwaltungssanktionen sowie zum möglichen Widerruf der IOSS-Registrierung und der Garantien.
3. Erhebung der Mehrwertsteuer
Der Erhebungsmechanismus hängt davon ab, ob das IOSS genutzt wird:
Für IOSS-Nutzer: Die Mehrwertsteuer wird beim Kauf erhoben und in den monatlichen Steuererklärungen ausgewiesen. Die Einfuhren sind beim Zoll von der Mehrwertsteuer befreit, wodurch eine Doppelbesteuerung vermieden wird.
Für Nicht-IOSS-Nutzer: Es gilt die "Sonderregelung", bei der die Mehrwertsteuer direkt vom Kurier oder Zollagenten bei der Abfertigung eingezogen und an die Steuerbehörde abgeführt wird.
4. Gemeinsame Haftung und Garantien
Eines der innovativsten Elemente der Richtlinie ist die Ausweitung der gesamtschuldnerischen Haftung für die Zahlung der Mehrwertsteuer. In Italien können folgende Personen als Gesamtschuldner herangezogen werden:
Elektronische Plattformen, die den Verkauf erleichtern.
Von Nicht-EU-Lieferanten ernannte Steuervertreter.
Indirekte Zollvertreter, wenn die Erhebung nicht im Einklang mit der Richtlinie durchgeführt wird.
Schlussbemerkungen
Die Reform ist ein wichtiger Schritt zur Modernisierung des europäischen Steuersystems, der für die Mitgliedstaaten, insbesondere für Italien, erhebliche praktische Auswirkungen hat. In einer zunehmend vernetzten Wirtschaft, die durch den grenzüberschreitenden elektronischen Handel geprägt ist, ist eine Aktualisierung der MwSt-Vorschriften notwendig, um mehr Steuergerechtigkeit zu gewährleisten und die öffentlichen Einnahmen zu sichern.
Die Richtlinie verlagert den Punkt, an dem die Steuer erhoben wird, von der Zollabfertigung auf die Online-Transaktion. Durch die Einführung der IOSS-Regelung und des Konzepts der "fiktiven Lieferung" werden digitale Plattformen von bloßen Vermittlern zu steuerpflichtigen Unternehmen.
Diese Reform verringert die Steuerhinterziehung bei kleinen Postsendungen, insbesondere bei Sendungen mit einem Wert von weniger als 150 EUR, indem sie sicherstellt, dass die Mehrwertsteuer in einem früheren Stadium erhoben wird. Gleichzeitig werden ausländischen Verkäufern und digitalen Marktplätzen neue Pflichten auferlegt, indem die Mehrwertsteuerpflicht neu definiert wird.
Für Italien wird die größte Herausforderung darin bestehen, ein Gleichgewicht zwischen Vereinfachung und Kontrolle herzustellen. Eine wirksame Koordinierung zwischen der Steuerbehörde und der Zollbehörde ist unabdingbar, um sicherzustellen, dass das System wirksam ist, ohne die vorschriftsmäßigen Wirtschaftsbeteiligten übermäßig zu belasten.
Instrumente wie Bürgschaften, gesamtschuldnerische Haftung und die Möglichkeit, Einfuhren im Falle der Nichteinhaltung zu blockieren, werden die Durchsetzungskapazität stärken. Diese Befugnisse müssen jedoch selektiv ausgeübt werden, um einen übermäßigen bürokratischen Aufwand zu vermeiden, der die freiwillige Inanspruchnahme von vereinfachten Regelungen wie dem IOSS erschweren könnte.
Während die Richtlinie in erster Linie auf die Bekämpfung der Steuerhinterziehung abzielt, wird sie auch die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen. Anforderungen wie die MwSt.-Registrierung, die Bestellung eines Steuervertreters und der Ausschluss vom IOSS bei risikoreichem Verhalten können Hindernisse für kleine ausländische Unternehmen schaffen. Umgekehrt stellt die Reform gleiche Wettbewerbsbedingungen für EU-Verkäufer her, die lange Zeit durch die "steuerfreie" ausländische Konkurrenz benachteiligt waren.
Schließlich spiegelt die Reform auch einen kulturellen Wandel wider. Europa bewegt sich hin zu einer präventiven Einhaltung der Vorschriften, bei der die Steuerzahler von Anfang an zur Verantwortung gezogen werden, anstatt sie im Nachhinein zu bestrafen. Der Erfolg dieses Konzepts wird nicht nur von den Einnahmegewinnen abhängen, sondern auch von der freiwilligen Einhaltung der Vorschriften durch ausländische Unternehmen, was ein Zeichen des Vertrauens in ein transparentes, digital zugängliches Steuersystem wäre.
Für Italien bietet die Richtlinie zwei Möglichkeiten: Es kann erhebliche Steuereinnahmen aus Online-Verkäufen erzielen und sich als zuverlässiges Land etablieren, das in der Lage ist, internationale digitale Handelsströme anzuziehen und zu regulieren.
Damit dies gelingt, muss die nationale Umsetzung mit klaren operativen Leitlinien, digitaler Interoperabilität zwischen Zoll- und Steuerverwaltungen und einem pragmatischen Ansatz einhergehen. Nur dann wird der Rahmen als modernes Instrument zur Steuerung des globalen Handels funktionieren und nicht als zusätzliche Belastung für die Einhaltung der Vorschriften.
-pcq6wpbnhf.webp)
Ausgewählte Einblicke

Die Zukunft der Besteuerung: Wie KI die Steuersysteme umgestaltet
🕝 September 11, 2025Mehr Nachrichten von Italien
Erhalten Sie Echtzeit-Updates und Entwicklungen aus aller Welt, damit Sie informiert und vorbereitet sind.