EuGH Rechtssache C-714/20: Einfuhrumsatzsteuerpflicht für indirekte Zollvertreter erklärt

In der Rechtssache EuGH C-714/20 geht es um einen Streit zwischen dem in Italien ansässigen Unternehmen U.I. und der italienischen Zollbehörde über eine fällige Einfuhrumsatzsteuer. U.I. fungierte als indirekter Zollvertreter für zwei andere italienische Unternehmen, und die Zollbehörde befand U.I. als Gesamtschuldner für die von diesen beiden Unternehmen geschuldeten Steuern.
Auch die italienische Regierung trug zu diesem Fall bei, indem sie ihn für unzulässig erklärte, was sein Interesse und seine Einzigartigkeit noch verstärkt.
Der Fall und die Entscheidung beinhalten die Auslegung der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie und des Zollkodex und erläutern deren Verflechtung und Einfluss aufeinander.
Hintergrund des Falles
In den Jahren 2017 und 2018 erhielt das in Mailand ansässige Unternehmen U.I. zwei Steuerbescheide von der Zollbehörde, die 160 Einfuhranmeldungen neu bewertete und U.I. zur Zahlung von 959.607,46 EUR zuzüglich Zinsen für die entsprechende Einfuhrumsatzsteuer aufforderte.
Bei der erneuten Veranlagung stellte der Zoll fest, dass U.I. als indirekter Zollvertreter der einführenden Unternehmen A. SpA und U.C. Srl aus Rom gemäß den Artikeln 77 und 84 des Zollkodex gemeinsam mit diesen Unternehmen zur Zahlung der angegebenen Steuer verpflichtet war.
Darüber hinaus stellte der Zoll fest, dass die diesen Einfuhranmeldungen beigefügten Absichtserklärungen unzuverlässig waren, da sie auf der unrichtigen Angabe beruhten, dass die einführenden Unternehmen niedergelassene Ausführer seien. Da die Unternehmen keine Umsätze getätigt hatten, die sie für eine mehrwertsteuerfreie Einkaufsquote qualifiziert hätten, konnten sie keine Mehrwertsteuerbefreiung für ihre Einfuhren beantragen.
U.I. legte gegen zwei Steuerbescheide vor dem Finanzgericht Venedig Einspruch ein und argumentierte, dass die Artikel 77 und 84 des Zollkodex nicht für die Mehrwertsteuer gelten. Außerdem erklärte U.I., dass in den italienischen Vorschriften die gesamtschuldnerische Haftung des indirekten Zollvertreters gegenüber dem einführenden Unternehmen für die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer nicht definiert sei. Außerdem verstoße dies gegen Artikel 201 der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie.
In seiner Rechtsmittelbeantwortung beantragte der Zoll, das Rechtsmittel zurückzuweisen und darauf hinzuweisen, dass der Steuertatbestand für die Mehrwertsteuerschuld, ähnlich wie bei der Zollschuld, die Einfuhr sei und dass der Steuertatbestand in den Zollvorschriften festgelegt sei. Der Zoll fügte hinzu, dass die gesamtschuldnerische Haftung des Importeurs und seines indirekten Zollvertreters mit der Rechtsprechung des Obersten Kassationsgerichtshofs Italiens übereinstimmt.
Das Finanzgericht betonte, dass die Einfuhrumsatzsteuer zu zahlen ist, wenn die Waren dem Zoll zur Einfuhr in die EU gestellt werden, was dem Zeitpunkt entspricht, an dem die Zollgebühren anfallen. Obwohl es sich bei der Einfuhrmehrwertsteuer technisch gesehen um eine nationale Steuer und nicht um einen Grenzzoll handelt, liegt derselbe Steuertatbestand vor wie bei den Zöllen. Wenn ein indirekter Zollvertreter eine Zollanmeldung abgibt und die Verantwortung übernimmt, haftet er folglich gesamtschuldnerisch für die Zahlung der Mehrwertsteuer.
Das Landesfinanzgericht stellte jedoch fest, dass nach der nationalen Rechtsprechung die EU-Vorschriften über die gesamtschuldnerische Haftung für Zollschulden gemäß Artikel 201 der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie nicht weit ausgelegt werden sollten, wenn das nationale Recht nicht ausdrücklich festlegt, wer für die Einfuhrumsatzsteuer haftet.
Daher betonte das Landesfinanzgericht, wie wichtig die Auslegung der Begriffe "bestimmt" oder "anerkannt" in Artikel 201 der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie ist. Bei strenger Auslegung muss das nationale Recht ausdrücklich festlegen, wer die Mehrwertsteuer schuldet, was in diesem Fall der Importeur wäre. Umgekehrt könnten nationale Vorschriften, die die Haftung auf andere Parteien, wie indirekte Zollvertreter, ausdehnen, angewendet werden, wenn die Begriffe weit ausgelegt werden.
Darüber hinaus stellte das Landesfinanzgericht fest, dass die Auslegung von Artikel 77 Absatz 3 des Zollkodex für die Beilegung des Rechtsstreits von wesentlicher Bedeutung ist. Daher hat das Finanzgericht das Verfahren unterbrochen und dem EuGH zwei Fragen vorgelegt.
Hauptfragen aus dem Antrag auf Erlass einer Entscheidung
Das Landesfinanzgericht hat dem EuGH die erste Frage zur Beantwortung vorgelegt: Verlangt Artikel 201 der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie von den EU-Mitgliedstaaten, in ihren nationalen Rechtsvorschriften ausdrücklich festzulegen, wer die Einfuhrumsatzsteuer schuldet? Diese Frage bezieht sich auf die Auslegung der Begriffe "benannt" und "anerkannt" in Artikel 201 und darauf, ob er eine eindeutige Identifizierung der Steuerschuldner im nationalen Recht vorschreibt.
Die zweite Frage betrifft Artikel 77 Absatz 3 des Zollkodex, insbesondere die Frage, ob der indirekte Zollvertreter automatisch für die Einfuhrumsatzsteuer haftet, da er in seinem Namen als Zollanmelder handelt. Mit anderen Worten: Sind indirekte Zollvertreter wie U.I. als Zollanmelder zusätzlich zu den Zöllen auch für die Einfuhrumsatzsteuer verantwortlich?
Anwendbarer Artikel der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie
In seinem Urteil verwies der EuGH auf die einschlägigen Erwägungsgründe 43 und 44 sowie die Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d, 30 Absatz 1, 70, 71 und 201 der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie. In den Erwägungsgründen 43 und 44 der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es, dass es den EU-Ländern freisteht, zu definieren, wer der Steuerschuldner für die Einfuhrmehrwertsteuer ist, und dass sie die Haftung auch auf andere Personen als Gesamtschuldner für die Zahlung der Mehrwertsteuer ausdehnen sollten, selbst wenn diese nicht der Hauptschuldner sind.
Gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d) unterliegen eingeführte Gegenstände der Mehrwertsteuer, während Artikel 30 Absatz 1 besagt, dass die Einfuhr von Gegenständen das Verbringen von Gegenständen, die sich nicht im freien Verkehr befinden, in die EU bedeutet.
In Artikel 70 der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie wird definiert, dass der Steuertatbestand eintritt und dass die Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Einfuhr von Gegenständen in die EU geschuldet wird.
In Artikel 71 wird weiter ausgeführt, dass der Steueranspruch bei Waren, die im Rahmen bestimmter Zollabkommen in die EU gelangen, erst dann entsteht, wenn sie diese Abkommen verlassen. Unterliegen die Waren jedoch Zöllen oder gleichwertigen Abgaben, so entsteht der Mehrwertsteueranspruch gleichzeitig mit diesen Abgaben. Die EU-Länder müssen die Änderbarkeit der Mehrwertsteuer an ihre Zollvorschriften anpassen, wenn keine Zölle gelten.
Schließlich besagt Artikel 201, dass die Mehrwertsteuer von jeder Person zu entrichten ist, die nach den nationalen Rechtsvorschriften des Einfuhrlandes als Steuerschuldner gilt.
Neben der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie berücksichtigte der EuGH bei seiner Entscheidung in diesem Fall auch die Artikel 5, 18, 77 und 84 des EU-Zollkodex.
Artikel 5 definiert unter anderem die Begriffe Zollvertreter, Zollanmeldung, Anmelder, Zollschuld, Zollschuldner und Einfuhrzoll. Artikel 18 Absatz 1 besagt, dass jede Person einen Zollvertreter bestellen kann, der als direkter oder indirekter Vertreter handeln kann. Handelt ein Vertreter als direkter Vertreter, so handelt er im Namen und im Auftrag einer anderen Person. Handelt ein Vertreter als indirekter Vertreter, so handelt er in seinem Namen, aber im Auftrag einer anderen Person.
Artikel 77 des Zollkodex legt fest, unter welchen Umständen eine Einfuhrzollschuld entsteht und wer für sie haftet. In diesem Artikel wird auch festgelegt, wann mehrere potenzielle Zollschuldner, einschließlich des Anmelders, des Vertreters und desjenigen, der unrichtige Angaben gemacht hat, haftbar gemacht werden können.
Nach Artikel 84 haften mehrere Beteiligte gesamtschuldnerisch, wenn sie für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben wie die Einfuhrumsatzsteuer verantwortlich sind. Das bedeutet, dass sie alle gleichermaßen haften und einzeln für den vollen Betrag verantwortlich gemacht werden können.
Italiens nationale MwSt-Vorschriften
In Italien sind die Artikel 1, 8, 17 Absatz 1 und 70 Absatz 1 der Mehrwertsteuerverordnung, die Artikel 34 und 38 der konsolidierten Zollgesetze sowie die Artikel 1 und 2 Absatz 1 des Gesetzesdekrets Nr. 746/1983 und Artikel 3 des Gesetzesdekrets Nr. 374 zur Neuorganisation der Zollbehörden für diesen Fall relevant.
Nach Artikel 1 der MwSt.-Verordnung unterliegen eingeführte Gegenstände der MwSt., während in Artikel 8 bestimmte Leistungen als nicht steuerpflichtige Ausfuhrleistungen bezeichnet werden. Dazu gehören Lieferungen von Gegenständen an natürliche oder juristische Personen, die Ausfuhr- oder innergemeinschaftliche Umsätze getätigt haben und sich dafür entscheiden, Gegenstände zu erwerben oder einzuführen, ohne die Mehrwertsteuer zu entrichten.
In Artikel 17 Absatz 1 wird die allgemeine Verpflichtung der Lieferanten zur Zahlung der Mehrwertsteuer auf ihre Umsätze festgelegt. Artikel 70 legt fest, dass die Einfuhrumsatzsteuer für jeden Umsatz ermittelt und erhoben wird und dass im Streitfall die Vorschriften des Zollrechts über Grenzabgaben gelten.
Artikel 34 der konsolidierten Zollgesetze definiert Zölle als alle Abgaben, die die Zollbehörde bei Zolltransaktionen gesetzlich erheben muss, einschließlich Einfuhr- und Ausfuhrabgaben sowie Gebühren, Steuern oder andere Abgaben, die bei der Einfuhr anfallen.
In Artikel 38 werden die Haftungsregeln für diese Zölle und das Recht des Staates, Waren zur Sicherung der Zahlung zurückzubehalten, erläutert. Außerdem wird hervorgehoben, dass der Eigentümer der Waren oder jede Person, die in seinem Namen an der Ein- oder Ausfuhr beteiligt ist, als Gesamtschuldner haftet.
Artikel 1 des Gesetzesdekrets Nr. 746/1983 legt die Bedingungen für mehrwertsteuerfreie Ausfuhrgeschäfte fest und verlangt förmliche Erklärungen, die auf elektronischem Wege an die italienische Steuerbehörde übermittelt werden. Artikel 2 des Gesetzesdekrets sieht Sanktionen für den Fall vor, dass die Erklärung nicht abgegeben wird, wobei die für die Erklärung verantwortliche Person haftet.
In Artikel 3 des Gesetzesdekrets Nr. 374 heißt es schließlich, dass die Zölle und Steuern gemäß den nationalen und EU-Vorschriften und -Verordnungen festgesetzt werden, je nach den Besonderheiten der Transaktion und den geltenden Gesetzen.
Bedeutung der Rechtssache für Steuerpflichtige
Der Fall zwischen der U.I. und der italienischen Zollbehörde ist für alle Steuerpflichtigen von Bedeutung, die als indirekte Zollvertreter tätig sind oder einen solchen für Zollanmeldungen bestellen. Dieser Fall und das EuGH-Urteil legen die Grenzen der Haftung für die Einfuhrumsatzsteuer fest und unterstreichen die Bedeutung einer klaren und präzisen Definition dieser Haftung in den nationalen Rechtsvorschriften der EU-Länder.
Darüber hinaus unterstreicht die Entscheidung die Situation, in der indirekte Zollvertreter gesamtschuldnerisch für die Einfuhrumsatzsteuer haften können und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit eine solche Maßnahme anwendbar ist. Darüber hinaus wird in dem Urteil zwischen Zöllen und Einfuhrumsatzsteuer als getrennten Verbindlichkeiten unterschieden, obwohl beide mit dem Zollverfahren verbunden sind.
Analyse der Feststellungen des Gerichtshofs
Bevor der EuGH die einschlägigen Bestimmungen analysierte, musste er der italienischen Regierung antworten, die argumentierte, die Vorlagefragen seien unzulässig, mehrdeutig und für den Rechtsstreit in der Hauptsache irrelevant. Grund dafür war die Behauptung der Regierung, dass das Finanzgericht der Provinz die bestehende Rechtsprechung des Obersten Kassationsgerichtshofs, der sich bereits mit der Frage befasst hatte, wer die Einfuhrumsatzsteuer schuldet, nicht anwendet.
Der EuGH hielt die Frage jedoch für zulässig und betonte, dass es den nationalen Gerichten obliegt, zu entscheiden, ob eine Vorabentscheidung erforderlich ist und ob die Fragen relevant sind. Nur hypothetische oder sachfremde Fragen können als unerheblich angesehen werden.
Nachdem der EuGH diese Frage geklärt hatte, setzte er die Prüfung der Rechtssache fort und begann mit der zweiten Frage. Bei der Beantwortung dieser Frage stellte der EuGH fest, dass der Wortlaut von Artikel 77 Absatz 3 des Zollkodex sowie der breitere Kontext und die Ziele der Verordnung zu berücksichtigen sind.
Nach Artikel 18 Absatz 1 des Zollkodex handelt der indirekte Zollvertreter in seinem Namen, aber für Rechnung einer anderen Person, des Anmelders. Nach Artikel 77 Absatz 3 ist der Anmelder der Zollschuldner, und im Falle der indirekten Vertretung ist die Person, in deren Namen die Anmeldung abgegeben wird, ebenfalls Zollschuldner.
Daher gelten sowohl der indirekte Zollvertreter, in diesem Fall U.I., als auch der Einführer als Zollschuldner. Artikel 77 bezieht sich jedoch nur auf die Zollschuld und nicht auf die Einfuhrumsatzsteuer, um die es im vorliegenden Fall geht. Daher kam der EuGH zu dem Schluss, dass Artikel 77 Absatz 3 nur für Zölle gilt und sich nicht auf die Einfuhrumsatzsteuer erstreckt.
Der EuGH stellte fest, dass nach Artikel 5 Absatz 19 des Zollkodex jeder Zollschuldner ein Zollschuldner sein kann. Er wies auch darauf hin, dass in Artikel 5 Absatz 18 die Zollschuld als die Verpflichtung zur Entrichtung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben für bestimmte Waren nach den geltenden Zollvorschriften definiert wird. Der EuGH fügte jedoch hinzu, dass die Einfuhrumsatzsteuer nicht als Einfuhrabgabe im Sinne von Artikel 5 Absatz 20 gilt. Daraus wird gefolgert, dass Zölle und Einfuhrumsatzsteuer zwar mit den Zollverfahren zusammenhängen, aber in den Rechtsvorschriften getrennt und separat behandelt werden.
Sowohl die Europäische Kommission als auch U.I. argumentierten, dass nach der Rechtsprechung des EuGH die Einfuhrzölle keine Mehrwertsteuer auf die Einfuhr von Waren beinhalten. Dies wird durch Urteile gestützt, die klarstellen, dass die Mehrwertsteuer auf Einfuhren von den im Zollkodex definierten Zöllen zu unterscheiden ist.
Darüber hinaus verweist Artikel 201 der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie, der die mehrwertsteuerlichen Pflichten regelt, nicht auf den Zollkodex und legt fest, dass die Pflicht zur Zahlung der Mehrwertsteuer der Person auferlegt wird, die vom EU-Einfuhrland benannt oder anerkannt wurde.
Von dort aus prüfte der EuGH, ob ein indirekter Zollvertreter gemäß Artikel 201 der MwSt-Richtlinie gesamtschuldnerisch mit dem Einführer für die Einfuhrumsatzsteuer haften kann, wenn die nationalen Rechtsvorschriften den Vertreter nicht ausdrücklich als Steuerschuldner vorsehen. Dies ist die erste Frage, die das Finanzgericht der Provinz dem EuGH vorgelegt hat.
Der EuGH betonte, dass der Wortlaut von Artikel 201 den EU-Ländern einen Ermessensspielraum bei der Benennung der für die Einfuhrumsatzsteuer verantwortlichen Personen einräumt, was auch durch Erwägungsgrund 43 der Richtlinie bestätigt wird. Daher können die EU-Länder entscheiden, wer die Mehrwertsteuer auf eingeführte Waren schuldet. Darüber hinaus können die EU-Länder gemäß Erwägungsgrund 44 auch eine gesamtschuldnerische Haftung für andere Personen als den Hauptsteuerschuldner festlegen.
So gesehen können die EU-Länder Zollschuldner für die Einfuhrumsatzsteuer haftbar machen, einschließlich indirekter Zollvertreter, die gesamtschuldnerisch neben dem Einführer für die Einfuhrumsatzsteuer haften.
Der EuGH betonte auch, dass nationale Maßnahmen zur Umsetzung von EU-Verordnungen nur dann wirksam sein können, wenn sie klar und präzise sind und es dem Einzelnen ermöglichen, seine Rechte und Pflichten zu verstehen. Außerdem verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit, dass Gesetze vorhersehbar sein müssen, vor allem wenn sie sich negativ auf Einzelpersonen oder Unternehmen auswirken. Das bedeutet, dass die EU-Länder, wenn sie ihre in Artikel 201 gewährten Rechte und Freiheiten ausüben wollen, sicherstellen müssen, dass die Vorschriften hinreichend klar und vorhersehbar sind.
Daher muss die nationale Gesetzgebung ausdrücklich und klar definieren, dass die indirekten Zollvertreter für die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer haften. Der EuGH überließ es dem Finanzgericht als vorlegendem Gericht, auszulegen und zu bestimmen, ob die italienischen Rechtsvorschriften den indirekten Zollvertreter als gesamtschuldnerisch mit dem von ihm vertretenen Einführer für die Einfuhrumsatzsteuer haftbar machen.
Endgültige Entscheidung des Gerichts
Der EuGH vertrat die Auffassung, dass Artikel 77 Absatz 3 des Zollkodex so auszulegen ist, dass der Zollvertreter nicht automatisch für die Einfuhrumsatzsteuer auf die eingeführten Waren haftet, sondern dass sich seine Verantwortung auf die Zollgebühren beschränkt.
In Bezug auf Artikel 201 der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie kam der EuGH zu dem Schluss, dass indirekte Zollvertreter nicht gesamtschuldnerisch für die Einfuhrumsatzsteuer haften können, es sei denn, die nationalen Rechtsvorschriften sehen ausdrücklich und eindeutig vor, dass sie für diese Steuer haften. Darüber hinaus kann ein indirekter Zollvertreter wie U.I. ohne eine solche Bestimmung nicht als Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer angesehen werden.
Schlussfolgerung
Der EuGH hat klargestellt, dass indirekte Zollvertreter nicht automatisch die Einfuhrumsatzsteuer schulden, und unterstrichen, dass die nationalen Rechtsvorschriften eine solche den Vertretern aufzuerlegende Verpflichtung eindeutig festlegen müssen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er U.I. von der Zahlung der geschuldeten Einfuhrumsatzsteuer befreit, sondern überlässt es dem Landesfinanzgericht, festzustellen, ob die nationalen Rechtsvorschriften dies ausdrücklich vorsehen.
Angenommen, das Landesfinanzgericht stellt fest, dass eine solche Bestimmung in den italienischen Rechtsvorschriften existiert. In diesem Fall kann das U.I. als indirekter Zollvertreter der einführenden Unternehmen für die Einfuhrumsatzsteuer mitverantwortlich gemacht werden.
Quelle: EuGH Rechtssache C-714/20 - U.I. Srl gegen Agenzia delle dogane e dei monopoli - Ufficio delle dogane di Venezia, EU-Mehrwertsteuerrichtlinie

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